Kennst du das? Du liest deinen Text zum zwölften Mal und denkst: „Hach, den muss ich nochmals überarbeiten.“ Und drei Stunden später fragst du dich, ob du jetzt eigentlich den Text verbessert hast oder ob du längst schon auf der Stelle trittst. Willkommen im Schreib-Karussell! Aber: Es gibt Ausstiegsknöpfe.
Gerade wenn du mit Leidenschaft schreibst, kann der Wunsch nach Perfektion zur Falle werden. Du willst, dass jede Geschichte ein Lesegenuss ist, jede Szene atmet. Und das ist wunderbar. Aber: Ein guter Text lebt nicht von endloser Feinarbeit, sondern auch davon, dass du ihn an der richtigen Stelle loslassen kannst.
Vor allem, wenn du viel Erfahrung und Gespür mitbringst, darfst du auf dein Bauchgefühl vertrauen. Trotzdem hilft ein System, das dich durch die letzten Runden bringt, ohne dass du dich darin verlierst.
Checkliste: Wann ist dein Text stimmig?

1. Hat deine Geschichte eine klare Idee? Kannst du in einem Satz sagen, worum es geht?
2. Stimmt die Logik? Verhält sich zum Beispiel deine Hauptfigur so, dass man ihr das abnimmt? Klar kann eine Fünfzigjährige sich mal wie ein Teenager benehmen, aber dann muss das irgendeinen Sinn ergeben.
3. Ist man mitten drin in deiner Geschichte? Ist sie spannend? Erzählst du, bunt und lebendig, mit allen Sinnen?
4. Lesefluss-Test: Lies dir den Text laut vor. Holpert etwas? Bleibst du irgendwo hängen? Verknotet sich deine Zunge, weil ein Satz so kompliziert herummäandert? Oder ist es eine Freude, deinen Text zu lesen?
5. Redundanz-Check: Sagst du etwas doppelt? Könnte ein Absatz raus, ohne dass etwas fehlt?
6. Platzfrage: Wenn du für ein Magazin schreibst: Passt der Text in den vorgesehenen Rahmen?
7. Feedback-Schleife: Hast du einen Buch-Coach oder eine Autoren-Trainerin und es ist ein wichtiger Text, den du veröffentlichen willst, dann hole sein / ihr professionelles Feedback ein. Familie und Freunde werden häufig deinen Text loben, weil sie dich lieben, sind also oft nicht objektiv genug, wenn du auch konstruktive Kritik haben möchtest. KI ist wohlwollend-kritisch und liefert Verbesserungsvorschläge, die oft wirklich gut sind.
8. Letzter Schliff: Feedback auswerten, das, was du übernehmen möchtest, einarbeiten. Noch einmal konzentriert drübergehen, dann Rechtschreibprüfung.
9. Und jetzt loslassen. Wirklich.
So mache ich’s (z. B. bei Kurzgeschichten für die Zeitschrift „Our Cats“)

An der Idee feile ich meistens schon Tage oder Wochen, bevor ich zu schreiben beginne. Ich halte die Augen offen für Inspirationen und interessante Ereignisse. Muss ich recherchieren, mache ich das jetzt. Auch was für Personen (bei der „Our Cats“: zweibeinige und samtpfotige) in meiner Geschichte miteinander zu tun haben, überlege ich mir schon vorab. Ebenso wie ich die Geschichte aufbaue, damit sie spannend ist und Freude macht.
Wenn ich sie dann schreibe, stelle ich mir erst einmal eine Riesentasse Tee auf den Schreibtisch, dann lege ich los. Bei der Erstfassung recherchiere ich nur mehr Kleinigkeiten, Namen zum Beispiel, die zu einer bestimmten Zeit modern waren. Ich tauche ins Geschehen ein und schreibe, was ich in meiner Fantasie vor mir sehe. Korrekturen und Feilen am Ausdruck – das kommt später. Jetzt: einfach Flow.
Dann schlafe ich drüber. Am nächsten Tag lese ich mir den Text laut vor, möglichst ausgedruckt und nicht am Schreibtisch, und mache mir Notizen. Auch: Muss ich irgendetwas nachrecherchieren?
Dann kommt die Überarbeitung. Der schlimmste Teil des Überarbeitens ist das Kürzen. Ich habe ein Limit: Die Zeitschrift reserviert mir eine Doppelseite. Da fallen manchmal Szenen raus, die ich liebe. Oder ich muss wunderbar bildhafte Passagen zusammenstreichen. Das tut manchmal schon weh, aber es muss sein.
Habe ich das, lasse ich noch ChatGPT drüberschauen. Nicht alle Vorschläge, die es macht, sind gut, manche aber sind richtig erste Sahne. Ich entscheide, was ich aufgreife, was nicht.
Schließlich noch: der letzte Schliff, die Feinheiten, die Rechtschreibprüfung.
Und dann: Die Kurzgeschichte geht an die Redaktion, und zwei oder drei Monate später schlagen über 40.000 Leute am Feierabend die Zeitschrift auf und haben Freude an meiner Geschichte.
Ich liebe das.
Zum Schluss noch zwei Tipps, die dir wirklich nützlich sein werden:
1. Druck dir den Text aus. Lies ihn an einem anderen Ort. Dein Gehirn liest am Bildschirm anders als auf Papier – du wirst überrascht sein, was dir auffällt.
Mach dir Anmerkungen.
Nimm einen grünen Stift, einen türkisen, lilablassblauen oder was immer, aber keinen roten. Du bist nicht in der Schule, du bist Autor/-in.
2. Fertig ist ein Text, wenn die Änderungen immer kleiner und unwesentlicher werden. Wenn du dich dabei ertappst, Kommas hin- und herzuschieben oder Formulierungen zum zehnten Mal geringfügig zu ändern, ist der Punkt erreicht, loszulassen.
Manchmal ist ein Text nicht perfekt, aber genau richtig. Und das ist der Moment, ihn hinaus zu schicken in die Welt.
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